Agrarrohstoffe: Trockenes Brasilien treibt Zuckerpreis
Der süße Stoff ist so teuer wie seit 30 Jahren nicht mehr. Schuld sind Trockenheit in Brasilien - und der wachsende Bedarf der indischen Bevölkerung.
Trockenheit und Unwetter von Südamerika bis Ostasien haben den Zuckerpreis auf den höchsten Stand seit 1980 getrieben. Der für Nahrungsmittelhersteller und Biosprit-Lieferanten gleichermaßen wichtige Energielieferant erreichte am Dinestag ein 30-Jahreshoch von 30,64 Cent pro Pfund. Am Mittwoch gab der Preis geringfügig auf 30,28 Cent nach.
Neben Ernteausfällen im wichtigsten Anbaustaat Brasilien macht die Ungewissheit über mögliche Exportbeschränkungen des zweitgrößten Zuckerproduzenten Indien den Märkten zu schaffen. Schon der russische Ausfuhrstopp für Weizen hatte im Sommer maßgeblich zur Preistreiberei bei Agrarrohstoffen beigetragen.
Der Präsident der Föderation indischer Zuckerraffinerien, Jayantilal Patel, macht keinen Hehl daraus, dass sich sein Verband von Handelsbeschränkungen Vorteile verspricht: "Exporte sollten nur scheibchenweise erlaubt werden, damit die Weltmarktpreise nicht einbrechen und wir den vollen Vorteil aus den hohen Preisen ziehen ", sagte Patel der Nachrichtenagentur Bloomberg.
Eine Entscheidung der Regierung über Exportquoten wird erst in der zweiten Novemberhälfte erwartet. "Es sieht so aus, als werde Indien eine ganz gute Jahresernte einfahren", zitierte Bloomberg den Rabobank-Experten Jake Wetherall. "Sie dürfte erstmals seit Jahren über 25 Millionen Tonnen liegen. Aber die Frage ist, wie viel die Regierung für den Export freigibt." Rund 23 Millionen Tonnen werde Indien voraussichtlich selbst benötigen, sagte Verbandspräsident Patel.
Bereits Anfang dieses Jahres hatte die Unsicherheit über den indischen Eigenverbrauch den Zuckerpreis auf über 30 Cent pro Pfund getrieben. Eine gute Frühjahrsernte führte dann zu einem Einbruch, binnen drei Monaten fiel der Kurs auf 13 Cent. Noch im Juni erklärte die UNO-Landwirtschaftsorganisation FAO neuerliche Preisausschläge wie zu Jahresbeginn für unwahrscheinlich, "es sei denn, es kommt in wichtigen Anbaustaaten zu extremen Wetterlagen".
Genau das aber trat ein: In Brasilien und Russland regnete es zu wenig, in China, Pakistan und Indien zu viel. Nach Angaben der brasilianischen Produzentenvereinigung Unica wurden seit Beginn der Erntesaison im April 5 Prozent weniger Zuckerrohr geschnitten als im Vorjahr, gleichzeitig sank die Qualität.
Keine Entspannung in Sicht
Nach Einschätzung des Rohstoffhändlers Sucre & Denrées wird Zucker auf absehbare Zeit knapp bleiben. Die weltweite Produktion im am 1. Oktober begonnenen Zuckerjahr 2010/2011 werde mit voraussichtlich 167 Millionen Tonnen gerade ausreichen, die auf 166,2 Millionen Tonnen geschätzte Nachfrage zu befriedigen, schreibt das Unternehmen. Analysten erwarten vor diesem Hintergrund, dass der Preis weiter steigt: "35 bis 40 Cent sind durchaus im Bereich des Möglichen", sagte James Kirkup, Zucker-Experte bei ABN Amro Markets, der Nachrichtenagentur Reuters.
Während der Zuckerverbrauch in den Industriestaaten rund 40 Kilo pro Person und Jahr beträgt, besteht laut Sucre und Denrée in Asien und Afrika noch erheblicher Nachholbedarf. Dort liegt der Pro-Kopf-Verbrauch bei rund 16 Kilo pro Einwohner.
Quelle: Financial Times Deutschland ONLINE, 09.11.2010
Labels: Biosprit, Brasilien, Indien, Patel, Russland, Unica, Zucker
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